Praxisbeispiel Nummer zwei: Mein Pferd Bangsi:

Alle meine „eigenen“ Privatpferde (= Pferde, die ich (fast) ausschließlich selber trainiere) lernen, frei zu stehen. Freies Stehen = unangebundenes Stehen von Pferden hat viele Vorteile und ist für mich sicherer, als ein Pferd immer fest anhängen zu müssen. Und ja, Pferde können erstaunlich lang frei stehen, wenn man es gut übt. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass JEDES Pferd (auch kleine Kugelfischponies – ich hab auch so eines) mit entsprechender Konsequenz und positiver Bestärkung lernen kann, frei AUF GRAS zu stehen. Mit Sicherheit – aber es dauert 😉

 

In jedem Fall ist Bangsi ja schon einer unserer älteren Exemplare (29. Lebensjahr) und war schon früher, als ich noch richtig viel Reitunterricht gegeben habe und auch Ausritte geführt habe, im Einsatz. Auch da hab ich ihn gesattelt, getrenst und dann stand er frei im Paddock und hat gewartet, bis alle anderen Reitschüler auch ihre Pferde fertig hatten für den gemeinsamen Ausritt.

Eines Tages wollte es der Zufall, dass es ihm – aufgetrenst – hinter dem Ohr juckte. Bangsi trägt keinen Nasenriemen und keinen Stirnriemen, lediglich ein kleiner, sehr loser Kehlriemen ist auf seinem Zaum drauf. Er kratzt sich also an einem Torpfosten (wo er frei steht) hinter dem juckendem Ohr und ZACK – sein Zaumzeug fällt auf dem Boden. Im ersten Moment gab es einen kurzen Verwunderungsblick, im zweiten Moment setzte er ein großes Grinsen auf (JA, meine Pferde können GRINSEN, und jeder der es nicht glaubt, kann gern vorbei kommen und sich selbst „live“ überzeugen…). Übrigens sogar unser Hund kann grinsen – das macht manchen Leuten aber Angst, weil man dann alle ihre langen Eckzähne sieht.

Zurück zu Bangsi: Ich erkenne den „Ernst der Lage“ und denke: „Einfach ignorieren, damit er es hoffentlich nicht abspeichert.“ Ich gehe zu ihm und mach ihm kommentarlos das Zaumzeug wieder drauf. Ich drehe mich um und gehe in die 3 Meter entfernte Sattelkammer. Als ich sie betrete, höre ich wieder ein kleines Klatschgeräusch und sehe durch die Holzbalken, dass Bangsi sehr wohl etwas Neues  gelernt hat und versteht: „Wenn ich mich so hinter dem Ohr kratze, dann fällt das komische Zaumzeug lustig auf den Boden.“

Er fand es seeeeeehr witzig, ich weniger…. Zu meinem Kummer hat er das Zaumzeug-Abwerfen fast ein halbes Jahr immer wieder – wenn ihm grad fad war – mit Freuden praktiziert, und das manchmal sogar mehrfach vor dem Losreiten… und ich hab jedes Mal geschimpft und er hat jedes Mal gegrinst… und irgendwann hat er aufgehört damit und dann gab es ein Keks und wir konnten es „speichern“, dass Zaumzeug drauf besser ist als Zaumzeug unten… Aber bei Schelmenponies dauert das manchmal etwas länger, aber GOTT SEI DANK ist er wieder der „Alte“!

Bis bald,

Bangsi und Sandra 🙂

PS: Hier ist der Link zu „Können Pferde logisch denken?“ Teil 1

PPS: Vielleicht mach ich für www.pferdeinsider.com mal ein Lehrvideo: „So lerne ich meinem Pferd geduldiges, freies Stehen.“ Wäre das interessant für Euch? Ich freu mich auf Eure Rückmeldungen!

Immer wieder höre und lese ich, dass Pferde nicht logisch denken können. Und immer wieder bin ich anderer Meinung. Ich will Euch mal ein paar Beispiele aus meiner Erfahrung nennen, die wahr sind und nicht erfunden, damit ihr mal über dieses – meiner Meinung nach – althergebrachte, falsche Statement eine ggf. neue Meinung bilden könnt:

Beispiel Nummer 1 – Ponytherapie in Bayern:

Letzte Woche war ich in Bayern bei einer lieben Kundin, die einen sehr süssen Ponyhof betreibt. Ich bin dort immer wieder mal, weil sie regelmäßig arme Ponies vorm Schlachter rettet und wir dann gemeinsam die Kleinen erst einmal „aufpäppeln“ und auf einen besseren Gesundheitszustand bringen. So hab ich auch mal eines ihrer ganz kleinen Shetties behandelt, der an Hufrehe und Stoffwechselproblemen litt. Die Behandlung schlug sehr gut an und der kleine Ponymann war innerhalb kürzester Zeit wieder fit, unauffällig und lauffreudig (ich hab leider kein Bild von ihm, aber er sieht so ähnlich aus wie das Pony auf dem Foto).

Als er mich gestern gesehen hat, kam mir gleich ein Strahlen in seinem Gesicht entgegen (das ist fast, wie wenn jemand einen Scheinwerfer auf der Bühne auf dich richtet.) In diesem Moment kannst Du als Gesundheitsexpertin mit Sicherheit sagen: a) Dieses Tier hat mich wiedererkannt, und b) diesem Vierbeiner konnte ich das letzte Mal helfen und er hat mich in guter Erinnerung behalten :). Das sind die Momente wo ich mich wirklich aus tiefstem Herzen freue…

Dann ist dem kleinen Wallach scheinbar eingefallen, dass ich ja nur zu „armen“ Ponies komme, um zu behandeln. Daraufhin hat er sein Strahle-Grinsen abgestellt und arm drein geschaut und ist demonstrativ herumgehumpelt.

Ich sag daraufhin zu meiner Kundin: „Ohje, dem kleinen XY (er bleibt anonym!) geht es aber nicht gut.“ Sie erwidert: „Waaaaaas? Das kann gar nicht sein! Der läuft mit Begeisterung im Galopp auch zwei Ausritte hintereinander, gerade heute auch!!!“ Feststellung von uns beiden: Er simuliert und möchte behandelt werden.

Übrigens hat er den ganzen Nachmittag damit verbracht, uns bei den Behandlungen von anderen Ponies von der anderen Seite des Zaunes aus zuzusehen und zu warten, bis er endlich geholt wird. Es hat ausgesehen, als wolle er mich hypnotisieren, dass ich ihn endlich raushole, weil er doch auch UNBEDINGT eine Massage oder Ähnliches bräuchte…. Ok, manche mögen sagen: Einbildung. Meine Kundin und ich sind uns sicher, dass NICHT.

Nächste Woche gibt es das nächste Beispiel aus der Praxis… Ich bin auf Euer Feedback gespannt 🙂

Liebe Grüsse,

Eure Sandra

 

Letztes Wochenende hatte ich ein sehr schönes, amüsantes und lehrreiches Seminarwochenende bei Bent Branderup. Nachdem mein Lusitano sich kurzfristig auf der Koppel „zerstört“ hatte (keine Angst, er läuft schon wieder), bin ich mit meinem ziemlich untrainierten Ersatzpferd Bangsi, 28 Jahre und kein bisschen alt, erschienen…

Im Training bei Bent Branderup

Im Training bei Bent Branderup

Es waren wirklich tolle zwei Tage, und Bangsi und ich haben uns sehr amüsiert und er hat seine Sache wirklich gut gemacht 🙂 Aber was ich als Thema mal aus diesem Wochenende rausnehmen möchte, ist, eine Theorieeinheit, die Bent vorgetragen hat. Dabei ging es unter andere um die richtige Lernpsychologie und Didaktik im Pferdetraining. Womit Herr Branderup sicherlich Recht hat, sind die Grundvorrausetzungen oder Kerneigenschaften eines Pferdetrainers.

1. Sympathie: Der Trainer muss Sympathie ausstrahlen, nur so werden seine Schüler gern und mit Freude lernen. (Auch) Pferde reagieren extrem auf Schwingungen, und damit auch auf eine positive Ausstrahlung und „echte Freude“ beim Lernen. Wenn man ein Tier nicht mag, ist es sehr schwierig, ihm was beizubringen und es „von Herzen“ zu loben bei einer Sache, die gelingt.

2. Respekt: Ohne Respekt kein Vertrauen, denn nur wenn man jemanden respektiert, wird man ihm in schwierigen Situationen (Fluchtmomenten) vertrauen und seine Entscheidungen akzeptieren. Ich denke, das ist der „Knackpunkt“ bei ganz vielen Pferd-Mensch-Beziehungen. Viele Pferde mögen ihre Menschen, aber „wenn es darauf ankommt“, entscheiden sie selbst, ob sie zB flüchten.

Respekt kommt aber nicht von Gewalt oder übertriebender Dominanz. Respekt hat man vielmehr vor jemandem, der „weise“ ist, erfahren, intelligent und souverän agiert. Wir sehen auch zu Menschen auf, die viel wissen und/oder viel können und drücken durch Respekt unsere Anerkennung aus und lernen GERNE von solchen „Professoren“. Pferden geht es genauso. Für sie als Fluchttiere ist es aber umso wichtiger, genau zu selektionieren, wem sie vertrauen können und damit ihr Leben in diese vertrauensvolle Person (bzw. Leitstute) legen…

Pferdetraining Sandra Fencl

Nur ein Pferd, das uns als Lehrer annimmt und vertraut, kann sich psychisch und physisch „völlig loslassen“.

Hand aufs Herz, überlege mal, ob Du im Pferdetraining immer „der Lehrer“ bist, der seinem Pferdeschüler etwas souverän beibringen kann… Oder hast Du auch manchmal Zweifel und Dein Pferd merkt das? Nur wenn wir selbst ein sympathischer Lehrer sind und genau wissen, was der nächste Schritt ist, wird uns unser Pferd auch als solchen sehen, respektieren und mit Freuden lernen WOLLEN.

Denn das ist es, was wichtig wäre… Ein Lernklima zu schaffen, wo Pferde WIRKLICH lernen können und wollen. Erst wenn sie eine Lektion ausgeführt haben und dann uns freudig entgegenstrahlen mit der Frage: „War das richtig, hab ich das gut gemacht?“ – dann sind wir auf dem richtigen Weg zu gemeinsamen, erfolgreichen und durch Freude und Begeisterung geprägtem Lernen…

In diesem Sinne – eine schöne erste Adventwoche und vielen Dank noch mal an Bent Branderup für ein sehr interessantes und amüsantes Wochenende,

Eure Sandra

Im Interview mit Jean-François Pignon

Im Interview mit Jean-François Pignon

Immer wieder gibt es unter Pferdefreunden relativ hitzige Diskussionen, ob man einem Pferd Futter als Lob anbieten soll oder nicht. Für mich ist die Antwort ganz klar: Jein! Ich persönlich bin der selben Meinung wie Jean-François Pignon, der sagt: „Ich möchte, dass mich Pferde als ihre Freunde und als ihren Anführer sehen, nicht als lebende Keks-Box oder Karottenmaschine“.

Ich hatte ja das große Glück, bei mehreren Seminaren dabei zu sein und auch persönliche Interviews (für meine journalistische Tätigkeit) zu führen. Ich finde die Beziehung von JeanFrançois zu seinen Pferden echt „magisch“. Die Tiere arbeiten unglaublich gern mit ihm und sind auch in völlig fremder Umgebung total entspannt. Übrigens ist diese Form der Freiarbeit für Pferde auch nicht wirklich anstrengend, weil sie einfach nur das natürliche Herdenleben und Herdenverhalten von Pferden imitiert. Deshalb macht er auch mit halbjährigen Jungpferden bereits kurze Sequenzen in spielerischer Form.

Hier ein Video von einem der Seminare, bei denen ich auch war:

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Ich persönlich verwende Futterlob immer individuell vom Pferd, von der Situation & Aufgabe und vom Ausbildungsstand abhängig. Ich werde aber im Laufe einer Ausbildung immer „geiziger“ mit Futterlob, weil ich wie gesagt es als – zumindest für mich und meine Philosophie – wünschenswert erachte, wenn sich Pferde einfach auf unser gemeinsames Training freuen, weil wir gemeinsam Spass haben und „Action erleben“. Nicht, weil sie glauben, ich hätte ein Leckerli für sie in meiner Tasche.

zirzensischen Lektionen

Futterlob bei zirzensischen Lektionen

In manchen Fällen verwende ich jedoch ganz gezielt auch mal Leckerlis im Pferdetraining:

1. Bei Pferden, die sich (meist am Anfang der Ausbildung) sehr schwer tun und nur langsam lernen, um das Lernen zu unterstützen.

2. Bei sehr schwierigen Lektionen oder aussergewöhnlichen Leistungen als besondere Anerkennung.

3. Bei Lektionen, wo ich gezielt bestimmte, sehr koordinierte oder komplexe Bewegungsabläufe trainieren will bzw. das „Ausharren“ in einer bestimmten Haltung abfrage – wie beispielsweise bei Zirkuslektionen am Anfang der Ausbildung.

4. Bei sehr gestressten und nervösen Pferden – um sie vom „Stressmodus“ (Sympathikus = Flucht- oder Kampfmodus) in den Verdauungs- und Entspannungsmodus (Parasympathikusmodus) durch das Kauen und Fressen zu bekommen.

Viele Pferde bekommen bei mir ganz selten bis kaum Futterlob und trotzdem (oder gerade deshalb?) arbeiten sie äusserst konzentriert und mit Begeisterung mit. Bei manchen Pferden habe ich das Gefühl, dass Futterlob eher ablenkt und so nicht unbedingt zum systematischen Trainingsfortschritt verhilft.

Auch bei frechen Pferden bin ich sehr sparsam mit Futterlob (oder gebe häufig gar nichts aus der Hand). Natürlich kann man bei allen Pferden an der Futtermarnier arbeiten, aber ich habe so viele Pferde schon problemlos mit wenig oder keinen Keksen ausgebildet, dass ich es einfach nicht für nötig erachte.

Futterlob im Pferdetraining ist - meiner Meinung nach - nicht immer beziehungsförderlich.

Futterlob im Pferdetraining ist – meiner Meinung nach – nicht immer beziehungsförderlich.

Denn in schwierigen Situationen trennt sich manchmal „die Spreu vom Weizen“. Und ich habe schon oft miterlebt bei externen Seminaren oder Veranstaltungen, dass meine eigenen Pferde wirklich brav, solide und mit Freude mit mir gearbeitet haben, während Pferde von anderen Pferdebesitzern sofort keine Motivation mehr hatten, als sie gemerkt haben, dass der Leckerlivorrat leer ist.

Arbeit ausschließlich gegen Futterlob ist nicht mein System. Ich möchte, dass Pferde „für mich“ Leistung erbringen und sie ein ECHTES Interesse an mir haben. Ich biete ihnen im Gegenzug Sicherheit und Entspannung (und das ist für ein Fluchtpferd schon viel!) und wir uns gemeinsam über gut gelungene Leistungen erfreuen, dann braucht es auch langfristig kein Leckerli, sondern einfach nur die gegenseitige Freude beim Training als Motivator.

Ich freu mich über Kommentare, Meinungen und Erfahrungen zum Thema Futterlob beim Pferd!

Liebe Grüsse,
Eure Sandra

Heute möchte ich Euch mal ein Beispiel geben, wie man in kleinen, „pferdelogischen“ Schritten einem Pferd etwas bei bringt. Häufig ist im Pferdetraining meiner Meinung nach das Problem da, dass man zu schnell zu viel von einem Pferd verlangt. Daraus ergibt sich Frustration auf beiden Seiten. Der alte  Reitmeister Nuno Oliviera hat immer gesagt: „Vorbereiten und geschehen lassen.“ Und das ist die richtige Vorgehensweise meiner Meinung nach 🙂

Hier also zum Beispiel. Ich bin ja mittlerweile ein großer Fan von „Gymnastischen Zirkuslektionen“. Ich sehe ihren Mehrwert sowohl in einer besseren Balance, Geschmeidigkeit und Körpergefühl, als auch in einem besseren Lernverständnis des Pferdes und auch in einer motivationssteigernden Komponente. Warum Zirzensik sinnvoll ist, verrate ich Euch hier in diesem Video:

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bzw. könnt Ihr Euch auch das Interview mit der Begründerin der Zirzensischen Gymnastik Eva Wiemers und mir ansehen: (ab Minute 7:30, aber das ganze Video ist lustig :))

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So, nun aber zur beispielhaften Vorgehensweise:
Ich habe mit meinem Lusitano Rufino das Kompliment geübt. Anfangs hab ich ihm noch mit der Hand geholfen, das Bein richtig zu platzieren, mittlerweile macht er es ganz allein 🙂Zirzensik Pferd

Nachdem das ganz gut klappt, bin ich den nächsten Schritt gegangen und hab einen Reiter (meine Praktikantin Jenny) drauf gesetzt.

Zirzensik Pferd

Und der dritte und letzte Schritt war dann, dass ich selbst von oben das Kompliment mit Reiter abgefragt habe. Viele Pferde tun sich schwer, wenn ihr „gewohnter Trainer“ auf einmal von der Bildfläche verschwindet. Das ist auch beim Jungpferde-Anreiten so. Deshalb ist es meist besser, einen weniger bekannten Reiter auf das Jungpferd zu setzen und dass der dem Pferd bekannte Trainer immer noch für das Pferd „sichtbar“ ist…

Zirkuslektion Sandra Fencl

Gleich auf den ersten Versuch hat er ganz brav sein Kompliment ohne „Bodenhilfe“ ausgeführt. Für mich ein Zeichen, dass der Aufbau für ihn logisch und einfach war…

Daraufhin gabs natürlich ein Riesenlob und Kuschelsequenz, weil diese Übung ist schon nicht mehr ganz einfach 🙂 Aber mit diesem Beispiel will ich Euch zeigen, dass wenn man fürs Pferd logische (kleine) Trainingsschritte macht, dass sie normalerweise sehr gern Neues dazu lernen…

In diesem Sinne, frohes, gemeinsames Lernen 🙂
Eure Sandra

Sandra Fencl Pferdetraining

Vor kurzem war ich bei einem sehr interessanten Reitkurs mit Miguel Ralão Duarte (Trainer der portugiesischen Working Equitation Nationalmannschaft und selbst erfolgreicher Dressurreiter und Olympiateilnehmer). Er hat in diesem Seminar unter anderem mehrfach betont, dass man „jeden Schritt“ spüren, reiten und verbessern sollte und so positiv auf das Pferd einwirkt.

Sandra Fencl PferdeseminareWahrscheinlich ist dir das genauso klar wie mir, aber seit diesem Kurs ist mir aufgefallen, dass ich das vorher nicht immer getan hab… Weil da ist frau mal hier kurz in Gedanken oder überlegt die nächste Lektion oder ist in eine Bahnfigur vertieft. Aber WIRKLICH jeden Schritt aktiv herauszureiten, das ist ganz schön anstrengend – nicht körperlich, sondern von der Konzentration her…

Was genau heißt eigentlich „jeden Schritt rausreiten“???

Für mich heißt das „aktiv begleiten“, also mit dem Schenkel „in Fühlung“ am Pferdebauch sein, und wenn nötig, treiben (aber auf KEINEN FALL stupides, immer gleiches Rausquetschen von jedem Schritt).

Es heißt auch geschmeidig mit dem Reiterbecken die Rückenbewegung zu unterstützen und die Pferderumpf-Pendelbewegung einzutakten (denn jedes „natürlich schiefe“ Pferd pendelt in eine Richtung mehr als in die andere, achte da mal drauf!).

Und außerdem wenn nötig ggf. das eigene Gewicht bewußt einsetzen – zb leicht nach vorne verschieben um einen ggf. noch etwas festen Rücken zu entlasten und bewußtes Einsitzen (jedoch locker!), um die Hinterhand des Pferdes mehr zu trainieren.

Miguel Ralão Duarte - Reite Dein Pferd von hinten an die Hand heran...

Miguel Ralão Duarte – Reite Dein Pferd von hinten an die Hand heran…

Außerdem heißt es die Anlehnung zu erfühlen und zu kontrollieren/korrigieren und ggf. mittels feinem Abspielen die Losgelassenheit des Pferdes zu verbessern (jedoch niemals vergessen: Die stabile Anlehnung kommt nur von einem von „hinten nach vorn“ gerittenem Pferd mit aktiver Hinterhand!) UND ganz wichtig: Ggf. das Pferd loben bzw. mental unterstützen oder aufmuntern oder beruhigen – was auch immer grad nötig…

Tja, und das bei JEDEM Schritt… Denn so kann ein Pferd wirklich konstant (und relativ schnell) lernen und damit besser werden und im positiven Sinne TRAINIERT werden… Denn wie ich immer zu sagen pflege: „Alles ist Training.“

Das heißt, wenn ein Pferd erst einmal 50 Minuten mit feste Rücken und hocherhobenem Kopf durch die Bahn stürmt und sich dann irgendwann auch nur annähernd fallen lässt, dann trainieren wir ggf. 50 Minuten „negativ“ und nur noch die letzten 10 Minuten positiv – was den korrekten Trainingsfortschritt betrifft… Das kann natürlich schon mal vorkommen, aber wenn es „die Norm“ ist, dann sollte man sich ggf. andere Strategien überlegen, weil man so sehr schwer einen guten Trainingsfortschritt erarbeiten kann, weil die meiste Zeit einfach „Negativtraining“ stattfindet…

Das heißt jetzt nicht, dass man jedes Pferd von der ersten Minute weg „perfekt“ reiten muss. Denn schließlich muss (gerade ein Boxen-)Pferd auch erst einmal „warm“ und locker werden… Aber eine (genaue!) Überlegung ist es schon wert: Reite jeden Schritt und achte darauf, wie viel Zeit von Deiner Trainingseinheit wirklich POSITIVES Training ist, und wie viel neutral und wie viel ggf. sogar „negatives“ Training…

Was sagt Ihr zu diesem Thema? Ich freu mich über Euer Feedback!

Eure Sandra

Vor ein paar Monaten war ich bei Andrea Jänisch auf El Rocio bei Alfonso Aguilar zum Natural Horsemanship-Seminar. Das war sehr interessant, weil ich mal die Chance hatte mich „systematisch“ mit „Horsemanship“ zu befassen 🙂

Ich werde ja immer wieder gefragt, bei welchem Trainer ich meine „Horsewomanship“-Ideen und Philosophien her hab. Die Antwort ist einfach: von keinem. Ich habe eigentlich alles von den Pferden selbst gelernt, ein bisschen was aus Büchern oder auch mal beim Zusehen bei zB Jean-Francois Pignon. Ich kann jedem nur wärmstens empfehlen, möglichst viel Zeit in „Pferdebeobachtung“ zu investieren, und das in verschiedensten Situationen. Auf der Koppel, beim Training, bei Rangordnungskämpfen, in der Fohlenaufzucht, etc.

Das wird Dir die – bei intensiver und aufmerksamer Beobachtung – mit der Zeit die „Augen öffnen“, wie subtil Pferde miteinander kommunizieren. Außerdem hilft es, Pferde richtig einzuschätzen und kennen zu lernen. Es ist ganz wichtig, die Reaktionen eines Pferdes im Vorhinein zu erahnen. Denn nur so kann man langfristig sein Pferd richtig trainieren: Wenn man erkennt, was das Pferd fühlt und denkt. Wenn man sieht, dass man an die Leistungsgrenze kommt – oder im Gegenteil, es sich langweilt. Denn richtiges Pferdetraining funktioniert nur im gegenseitigen Verständnis…

Wer es noch nicht gesehen hat, hier das Video von der Freiarbeit mit meinem Buben bei Alfonso Aguilar (in FREMDER Halle, mit FREMDEN Pferden…)

https://www.youtube.com/watch?v=z4fxRU4P5EU

In diesem Beitrag erkläre ich dir, warum du mit deinem Pferd spazieren gehen solltest! Let’s go for a walk 🙂

Eine meiner Reitlehrerinnen, die mich mit am meisten geprägt und beeindruckt hat ist mit Sicherheit Antje Bandholz aus dem hohen Norden (Raum Hamburg). Sie sagt immer ganz salopp: Reiten ist eigentlich nur ein Verschieben des (Gleich-)Gewichts, und sie hat absolut Recht damit!

Wenn man als Reiter einmal fähig ist, zB das (Über-)Gewicht von der „starken“ Schulter des Pferdes auf die schwächere zu verschieben, sowie vom Tragkraftbein auf das Schubkraftbein, bzw. überhaupt vom vorhandlastigen Pferd Gewicht in Richtung Hinterhand zu balancieren, dann hat man schon viel erreicht. Wenn man dann irgendwann ein Pferd so durchlässig gemacht hat, dass es wirklich einfach ist, das Gewicht zu verschieben, dann ist der Weg nicht nur zu Seitengängen in allen Varianten und Gangarten offen, sondern auch zu „echten“ höheren Lektionen.

Bleiben wir aber erst einmal auf einem guten Grundniveau, denn das ist wahrscheinlich der Bereich, in dem die meisten Pferde und Reiter sich bewegen – und das ist völlig in Ordnung! Was mir aber schon sehr wichtig ist, ist die Tatsache, das man wirklich verstehen sollte, dass ein Pferd – genauso wie ein Mensch – einfach „schief“ ist und eben ein Rechtshänder oder Linkshänder. Dieser Fakt ist GANZ wichtig zu beachten im täglichen Training – egal ob vom Boden aus, unter dem Sattel oder an der Longe.

Denn diese „Händigkeit“ wird ein Pferd IMMER beeinflussen und – wenn sie nicht korrigiert wird – und das Pferd trotzdem regelmässig vom Menschen gearbeitet wird, wird sie zwangsläufig zu Probleme führen. Und das kann wirklich schwere gesundheitliche Schäden mit sich führen oder Pferde sogar zu „Problempferden“ werden lassen…

Ich habe das große Glück, vielen Pferden in meinem Leben bereits begnet zu sein. Und es gibt wohl kaum ein Pferd, von dem ich nichts gelernt hab. Ganz besonders viel gelernt hab ich aber von einigen meiner eigenen Pferde, beispielsweise vom Isländer Eldir. Obwohl in einem gut behüteten Umfeld aufgewachsen und von tollen Elterntieren abstammend, zeigt Eldir eine recht ausgeprägte natürliche Schiefe.

Nachdem er ein Gangpferd ist (Isländer, 4-Gänger) zeigt er seine Schiefe in einem veränderten Takt bzw. in einem Wechsel der Gangarten. Ist Eldir gut balanciert (siehe Foto) und tragen seine beiden Schultern relativ gleich viel Gewicht, zeigt Eldir einen wunderbaren Trab. Fällt er jedoch auf seine stärkere (rechte) Schulter, bekommt er Probleme mit der Losgelassenheit und als Konsequenz mit dem Takt – die Folge ist ein Gangartenwechsel vom schönen, raumgreifenden Trab hin zu einem eher spannigem Tölt…

Diese Tatsache ist mir schon länger klar, jedoch zeigen es wenige Pferde so eindeutig und direkt wie der kleine (SEHR charmante!!!) Eldir. Auch als Nicht-Isländerreiter kann man so viel lernen von ihm, und auch von anderen Gangpferden. Denn nur selten hat man die Chance als Reiter, sein eigenes Tun (oder Nichttun oder Schlecht-Sitzen!!!!) so gnadenlos und direkt von Pferden kommuniziert zu bekommen…

Deshalb fühlt mal beim Reiten bewusst in die Balance und Gewichtsverteilung Eurer Pferde… Wie arbeiten beide Schultern? Wie vorhandlastig (oder auch nicht) ist Euer Pferd? Wie fühlt es sich an, wenn Euer Pferd besser balanciert ist? Auch in der Bodenarbeit und an der Longe kann und sollte der erfahrene Pferdebesitzer sein Auge schulen und geschickt auf die Balance seines Pferdes einwirken…

Wer übrigens mehr über die natürliche Schiefe des Pferdes und die SO WICHTIGE KORREKTUR dieser erfahren will, ist beim Schiefenseminar mit Antje Bandholz am 19. Juni 2014 in Rauris (Salzburger Land) ab 14 Uhr genau richtig (bzw. auch am Reitkurs vom 20. bis 22. Juni 2014)…

Kommen, zuhören und staunen ist die Devise 😉

In diesem Sinne ein balanciertes (für die meisten verlängertes?) Wochenende schon mal 🙂

Eure Sandra

(im Bild Antje mit ihrem selbst ausgebildeten Lipizzaner)

Gestern ging ein wundervoller Reit- und Handarbeitskurs mit Herrn Eberhard Weiß in Rauris (Salzburg) zu Ende (nächste Chance: 29. bis 31. August). Dieses Mal hatten wir sogar einen Theorieabend über die „Ausbildungsskala des (Dressur-)Pferdes. Ich möchte mich deshalb noch mal mit dem Thema Takt beschäftigen (bitte zuerst andere Notiz lesen).

Herr Weiss hat viele wirklich wichtige Thesen zu diesem Thema aufgegriffen, aber weil heut Sonntag ist, möchte ich eine besonders herausarbeiten. Nämlich Takt als ZEITeinheit… Tiefgründig wie dieser Reitlehrer halt so ist, hat er im Vortrag auch mal die andere Seite des Taktes beleuchtet, nämlich den Lebenstakt des REITERS. Stressen wir den ganzen Tag in der Arbeit durch die Gegend, rasen dann mit hoher Geschwindigkeit im Auto zum Pferd und hetzen dann in den Stall. So manch einer fühlt sich dann „hochgetaktet“ und kommt nicht wirklich bei seinem Pferd an, geschweige denn zur Ruhe.

Möglicherweise ist auch das einer der Gründe, warum viele Pferde heutzutage so „über Takt“ geritten werden. Frei nach dem Prinzip: „Höher, schneller, weiter“ muss ja auch die Lösephase und eigentlich die gesamte Ausbildung des Pferdes im Schnelltakt absolviert werden. Weil wenn das Pferd schon 7 Jahre ist, und noch immer nicht „L-reif“, ja, dann hat man (oder frau) wohl etwas verschlafen…

Herr Weiß hat auch einen geschichtlichen Exkurs gemacht, wie man früher noch „zu Pferde“ gereist ist und das Tier das einzige Transportmittel war, außer des Menschen seine eigenen Beine. Tagtäglich hat sich der Mensch ausreichend bewegt und ist so auch nicht nur innerlich ruhiger, sondern auch aus dem Bewegungsapparat entspannt zum Pferd gekommen… Wer sitzt heut wirklich „zwanglos“ auf dem Pferd? Wer hat eine echte innere Ruhe, wenn er zu seinem Pferd geht. Und wer hat die Muse, sein Pferd WIRKLICH langsam und reell auszubilden?

Es muss nicht immer alles „hochgetaktet“ werden. Ich selbst muss mich immer wieder erden und runterfahren. Weil meine Pferde (und wahrscheinlich auch ich selbst) es nicht mögen, im rasanten Tempo durchs Leben zu gehen… Wenn ich eins gelernt habe, dann ist es bei meinen Pferden (fast immer) zur Ruhe zu kommen. Sie erden mich, sie erziehen mich und sie sind einfach für mich da und arbeiten frei nach dem Motto: Taktvoll ja, über Takt – nein 😉

TIPP: Eine ganz tolle Übung um sich mit dem Takt des Pferdes zu synchronisieren, ist es, im „Gleichschritt“ mit dem Pferd erst einmal vom Boden aus zu marschieren. Das funktioniert wirklich erstaunlich gut und man hat ein wunderbares „Zusammengehörigkeitsgefühl“ und eine Harmonie zwischen Mensch und Pferd. Generell find ich es sowieso sehr sinnvoll, erst einmal mit dem Pferd zu GEHEN bzw. am Boden zu arbeiten, bevor man sich gestresst und abgehetzt in den Sattel schwingt…

Probiert es einfach mal aus. Wenn ich was gelernt hab, dann ist es: Je mehr Zeit man sich am Anfang (der Ausbildung des Pferdes, aber auch in jeder Trainingseinheit) nimmt, desto schneller kommt man voran. Klingt komisch, ist aber so 🙂

In diesem Sinne einen ruhigen, entspannten Sonntag mit Euch und Euren Tieren!

Eure Sandra

PS: Das Video zum Theorieabend von Herrn Weiss gibt es übrigens demnächst auf www.pferdeinsider.com !