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Immer wieder sehe ich, dass Pferde mit allen möglichen Mitteln „schnell“ ausgebildet werden müssen… Denn Zeit ist Geld und Pferde sind auch ein Geldfaktor (in vielerlei Hinsicht)… Das ist sehr schade, denn Pferde BRAUCHEN Zeit, um sich psychisch und physisch zu entwickeln. Seit einiger Zeit habe ich einen wirklich wundervollen Friesenbub im Training, der mir das GANZ deutlich zeigt. Die sehr liebe Besitzerin hat ihn direkt aus den Niederlanden gekauft, angeblich „A-fertig“. Nachdem er nicht ganz einfach war (riesengroß, im Hengsttyp stehend, erst 4jährig) hat sie mich um Hilfe gebeten.

Sandra Fencl Pferdetraining

Sandra Fencl Pferdetraining

Bei meinem ersten Kontakt war der Friesenbub sehr schüchtern, mit großem Erstaunen stellte ich fest, dass er nicht führen konnte – also GAR nicht… Ich habe mich gefragt, wie man so ein Pferd reitet, das man weder von rechts noch von links noch hinter sich noch irgendwie führen kann… Ausserdem machte er einen recht gestressten Eindruck… Ich fing also noch mal mit dem kleinen Führ-Einmaleins, dann mit Longieren etc. an.

Hinsichtlich „Grunderziehung“ hatte er scheinbar nichts gelernt, dafür hatte er aber totale Panik mit Sattel, Trense & Zügeln  (wenn er Zügel nur gesehen hat, ist er fast ausgerastet und daraufhin in Rollkur gelaufen, auch wenn man sie nur DRAUFGELEGT hat, WAHNSINN!!!)…

WIE genau der arme Kerl ausgebildet wurde, möchte ich gar nicht wissen. Auf jeden Fall war es nicht ganz einfach, ihm seinen Stress zu nehmen.

Nachdem die Grunderziehung saß, haben wir ihn zwei Monate auf die Koppel entlassen. Er war in seinem Kopf nämlich noch ein totales Kind, obwohl er immerhin dann schon fast 5 Jahre alt war. Friesen sind aber sehr spätreife Pferde und nicht selten habe ich schon die schwarzen Perlen mit noch 8 Jahren deutlich wachsen sehen… Als wir dann das gemeinsame Training nach 2 Monaten Koppelpause wieder aufnahmen, war der Bub wie ausgewechselt. Er war reif, „erwachsen“ und mit Begeisterung, Ruhe und 100prozentiger Konzentration bei der Sache – er war so weit, ins „echte“ Arbeitsleben einzutreten (und das mit Freude!!!).

Was will ich Euch damit sagen? Manchmal ist es wichtig, einen Schritt zurück zu treten und ggf. dem Pferd einfach noch mal Zeit „für sich“ zu lassen. Das sehe ich auch bei Pferden, die körperlich viele Probleme haben. Diese Tiere brauchen auch oft „Zeit für sich“. Wenn sie mit ihrem Körper oder auch mit psychischen Schwierigkeiten (zb Stallwechsel, Verlust eines Pferdekameraden) beschäftigt sind, KÖNNEN sie oft gar nicht mit uns arbeiten/kooperieren, weil sie mit anderen Dingen beschäftigt sind… Da ist Mißerfolg vorprogrammiert… Deshalb – manchmal kommt man schneller ans Ziel, wenn man etwas langsam macht…

In diesem Sinne, Euch und Euren Liebsten einen schönen Tag!

Eure Sandra

PS: Ist der Bub nicht eine Augenweide?