Heute möchte ich Euch mal ein Beispiel geben, wie man in kleinen, „pferdelogischen“ Schritten einem Pferd etwas bei bringt. Häufig ist im Pferdetraining meiner Meinung nach das Problem da, dass man zu schnell zu viel von einem Pferd verlangt. Daraus ergibt sich Frustration auf beiden Seiten. Der alte  Reitmeister Nuno Oliviera hat immer gesagt: „Vorbereiten und geschehen lassen.“ Und das ist die richtige Vorgehensweise meiner Meinung nach 🙂

Hier also zum Beispiel. Ich bin ja mittlerweile ein großer Fan von „Gymnastischen Zirkuslektionen“. Ich sehe ihren Mehrwert sowohl in einer besseren Balance, Geschmeidigkeit und Körpergefühl, als auch in einem besseren Lernverständnis des Pferdes und auch in einer motivationssteigernden Komponente. Warum Zirzensik sinnvoll ist, verrate ich Euch hier in diesem Video:

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bzw. könnt Ihr Euch auch das Interview mit der Begründerin der Zirzensischen Gymnastik Eva Wiemers und mir ansehen: (ab Minute 7:30, aber das ganze Video ist lustig :))

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So, nun aber zur beispielhaften Vorgehensweise:
Ich habe mit meinem Lusitano Rufino das Kompliment geübt. Anfangs hab ich ihm noch mit der Hand geholfen, das Bein richtig zu platzieren, mittlerweile macht er es ganz allein 🙂Zirzensik Pferd

Nachdem das ganz gut klappt, bin ich den nächsten Schritt gegangen und hab einen Reiter (meine Praktikantin Jenny) drauf gesetzt.

Zirzensik Pferd

Und der dritte und letzte Schritt war dann, dass ich selbst von oben das Kompliment mit Reiter abgefragt habe. Viele Pferde tun sich schwer, wenn ihr „gewohnter Trainer“ auf einmal von der Bildfläche verschwindet. Das ist auch beim Jungpferde-Anreiten so. Deshalb ist es meist besser, einen weniger bekannten Reiter auf das Jungpferd zu setzen und dass der dem Pferd bekannte Trainer immer noch für das Pferd „sichtbar“ ist…

Zirkuslektion Sandra Fencl

Gleich auf den ersten Versuch hat er ganz brav sein Kompliment ohne „Bodenhilfe“ ausgeführt. Für mich ein Zeichen, dass der Aufbau für ihn logisch und einfach war…

Daraufhin gabs natürlich ein Riesenlob und Kuschelsequenz, weil diese Übung ist schon nicht mehr ganz einfach 🙂 Aber mit diesem Beispiel will ich Euch zeigen, dass wenn man fürs Pferd logische (kleine) Trainingsschritte macht, dass sie normalerweise sehr gern Neues dazu lernen…

In diesem Sinne, frohes, gemeinsames Lernen 🙂
Eure Sandra

Sandra Fencl Pferdetraining

Vor kurzem war ich bei einem sehr interessanten Reitkurs mit Miguel Ralão Duarte (Trainer der portugiesischen Working Equitation Nationalmannschaft und selbst erfolgreicher Dressurreiter und Olympiateilnehmer). Er hat in diesem Seminar unter anderem mehrfach betont, dass man „jeden Schritt“ spüren, reiten und verbessern sollte und so positiv auf das Pferd einwirkt.

Sandra Fencl PferdeseminareWahrscheinlich ist dir das genauso klar wie mir, aber seit diesem Kurs ist mir aufgefallen, dass ich das vorher nicht immer getan hab… Weil da ist frau mal hier kurz in Gedanken oder überlegt die nächste Lektion oder ist in eine Bahnfigur vertieft. Aber WIRKLICH jeden Schritt aktiv herauszureiten, das ist ganz schön anstrengend – nicht körperlich, sondern von der Konzentration her…

Was genau heißt eigentlich „jeden Schritt rausreiten“???

Für mich heißt das „aktiv begleiten“, also mit dem Schenkel „in Fühlung“ am Pferdebauch sein, und wenn nötig, treiben (aber auf KEINEN FALL stupides, immer gleiches Rausquetschen von jedem Schritt).

Es heißt auch geschmeidig mit dem Reiterbecken die Rückenbewegung zu unterstützen und die Pferderumpf-Pendelbewegung einzutakten (denn jedes „natürlich schiefe“ Pferd pendelt in eine Richtung mehr als in die andere, achte da mal drauf!).

Und außerdem wenn nötig ggf. das eigene Gewicht bewußt einsetzen – zb leicht nach vorne verschieben um einen ggf. noch etwas festen Rücken zu entlasten und bewußtes Einsitzen (jedoch locker!), um die Hinterhand des Pferdes mehr zu trainieren.

Miguel Ralão Duarte - Reite Dein Pferd von hinten an die Hand heran...

Miguel Ralão Duarte – Reite Dein Pferd von hinten an die Hand heran…

Außerdem heißt es die Anlehnung zu erfühlen und zu kontrollieren/korrigieren und ggf. mittels feinem Abspielen die Losgelassenheit des Pferdes zu verbessern (jedoch niemals vergessen: Die stabile Anlehnung kommt nur von einem von „hinten nach vorn“ gerittenem Pferd mit aktiver Hinterhand!) UND ganz wichtig: Ggf. das Pferd loben bzw. mental unterstützen oder aufmuntern oder beruhigen – was auch immer grad nötig…

Tja, und das bei JEDEM Schritt… Denn so kann ein Pferd wirklich konstant (und relativ schnell) lernen und damit besser werden und im positiven Sinne TRAINIERT werden… Denn wie ich immer zu sagen pflege: „Alles ist Training.“

Das heißt, wenn ein Pferd erst einmal 50 Minuten mit feste Rücken und hocherhobenem Kopf durch die Bahn stürmt und sich dann irgendwann auch nur annähernd fallen lässt, dann trainieren wir ggf. 50 Minuten „negativ“ und nur noch die letzten 10 Minuten positiv – was den korrekten Trainingsfortschritt betrifft… Das kann natürlich schon mal vorkommen, aber wenn es „die Norm“ ist, dann sollte man sich ggf. andere Strategien überlegen, weil man so sehr schwer einen guten Trainingsfortschritt erarbeiten kann, weil die meiste Zeit einfach „Negativtraining“ stattfindet…

Das heißt jetzt nicht, dass man jedes Pferd von der ersten Minute weg „perfekt“ reiten muss. Denn schließlich muss (gerade ein Boxen-)Pferd auch erst einmal „warm“ und locker werden… Aber eine (genaue!) Überlegung ist es schon wert: Reite jeden Schritt und achte darauf, wie viel Zeit von Deiner Trainingseinheit wirklich POSITIVES Training ist, und wie viel neutral und wie viel ggf. sogar „negatives“ Training…

Was sagt Ihr zu diesem Thema? Ich freu mich über Euer Feedback!

Eure Sandra